Methoden im Wissensmanagement
Gängige Methoden im Wissensmanagement
Um Wissensmanagement umzusetzen, können verschiedene Methoden und
Instrumente (auch Tools genannt) eingesetzt werden. Dabei können einzelne
Tools nie alle Wissensaktivitäten unterstützen, sondern sind für bestimmte
Aufgaben geeignet. Die nachfolgenden Instrumente dürfen nicht als
Patentrezept verstanden werden. Das Ziel eines systematischen
Wissensmanagements muss die Einführung zugeschnittener Methoden sein, um
den Umgang mit Wissen zu stärken und weiterzuentwickeln.
Die nachführende Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Wissensportfolio
Um eine Wissensstrategie zu erstellen, bietet sich die Erarbeitung eines
Wissensportfolios an. Die Wissensstrategie soll zeigen, welches Wissen
erhalten, auf- und abgebaut werden sollte, um strategische
Organisationsziele zu erreichen. Die folgenden Punkte sollten bei der
Wissensstrategie umgesetzt werden:
- Kritisches Wissen identifizieren
- Wissen organisiert vermehren, effizient vermitteln und verteilen
- Zugriff auf vorhandenes Wissen sicherstellen und vor unbefugten schützen
- Wissenstransfer fördern
- Implizites Wissen externalisieren
- Veraltetes, unbrauchbares Wissen entsorgen
Tipp: Um die allgegenwärtige Betriebsblindheit zu vermeiden sollte bei der
Erstellung der Wissensstrategie ein neutraler Moderator eingesetzt werden.
Zuerst wird eine Zielvereinbarung getroffen (Was soll mit der
Wissensstrategie erreicht werden?), anschließend wird ein Portfolio der
relevanten Wissenselemente erstellt und auf Vollständigkeit geprüft. Das
Portfolio bildet den Ausgangspunkt für einen konkreten Maßnahmenplan.
Um ein Wissensportfolio zu füllen, eignen sich nach Voit folgende
Fragestellungen:
- Welche Prozesse / Technologien werden in nächster Zukunft abgebaut (Desinvestition)?
- Welche Investitionen sind im Budget geplant?
- Welche Kundenprojekte sind geplant (Pilotprojekte)?
- Welche Projekte sind in Bearbeitung (Investieren oder Pilotprojekt)?
- Aus welchen Bereichen drohen Substitutionen (Beobachten)?
- Welche Prozesse / Technologien könnte es in Zukunft geben (Beobachten)?
Wissenslandkarte
Wissenslandkarten stellen einer Organisation einen grafischen oder
textuellen Überblick über das vorhandene Wissen und dessen Vernetzung zur
Verfügung, ohne selbst das Wissen zu enthalten (Metainformationssysteme).
Sie dienen als Verzeichnis von Wissensträgern, Wissensbeständen,
Wissensstrukturen oder Wissensanwendungen. Die Wissenslandkarte eignet sich
zur Wissensidentifikation, Wissensverteilung und Wissensnutzung.
Sie kann die Transparenz des Wissens einer Organisation erhöhen und das
Auffinden von Wissensträgern und Wissensquellen erleichtern, aber auch
Wissenslücken einer Organisation aufzeigen. Mit Hilfe einer Wissenslandkarte
kann neues Wissen einfacher in die vorhandene Struktur eingeordnet und in
Verbindung gesetzt werden. Die Informationen einer Wissenslandkarte können
mittels technischer Visualisierungs- und Verteilungsmöglichkeiten zeit- und
raumunabhängig einer Organisation zur Verfügung gestellt werden.
Wissenslandkarten können in verschiedene Arten unterschieden werden:
- Wissensquellenkarten stellen die personellen und materiellen Wissensträger
einer Organisation anhand eines oder mehrerer gewählter Kriterien dar.
- Wissensanlagenkarten stellen den Wissensbestand von Einzelnen, Teams oder
der ganzen Organisation dar.
- Wissensstrukturkarten eignen sich dazu, die Strukturen und logischen
Zusammenhänge der Teile eines Wissensgebietes darzustellen.
- Wissensanwendungskarten ordnen Projekt- oder Prozessschritten das
relevante Wissen zu.
- Wissensentwicklungskarten stellen die benötigten Schritte zur Erreichung
eines be-stimmten Wissensstandes dar (Lernpfad).
Lessons Learned
Ein Lessons Learned Workshop ist eine Aufarbeitung eines abgeschlossenen
Projekts um vergangene Tätigkeiten und Erfahrungen zu überdenken und dieses
neu gewonnene Wissen für spätere Projekte erfolgreich einsetzen zu können.
Dabei sollen sowohl Vergangenheit, Gegenwart und die Zukunft betrachtet
werden. Lessons Learned ist eine Methode zur Wissensentwicklung.
Vor dem eigentlichen Lessons Learned Workshop können bereits Themen
zusammengestellt werden um den Ablauf zu strukturieren. Bei der Durchführung
ist dann eine thematische Rückführung für alle Beteiligten sinnvoll um sich
die einzelnen Projektschritte wieder ins Gedächtnis zu rufen. Bei einem
anschließenden Brainstorming werden Erfahrungen gesam-melt und den Themen
zugeordnet. Zu jedem verbesserungswürdigen Thema wird eine ideale
Soll-Situation festgelegt. Durch die Dokumentation können auch nicht
Beteiligte davon profitieren.
Verganenheit |
Gegenwart |
Zukunft |
Leistungsdaten sammeln |
am Erreichten erfreuen |
Prozesse, Vorgehensweise verbessern |
Ganze Geschichte erzählen |
auflösen des Systems „Projektteam” |
Organisationales Handlungswissen
aufbauen |
Schäden am Team reparieren |
|
Selbstreflexionsfähigkeit erhöhen |
Best Practice / Good Practice
Best Practice (nach ITIL V3 Good Practice) ist eine Methode zur Übertragung
vorbildlicher Lösungsmöglichkeiten. Der Prozess beginnt mit der
Identifikation einer erfolgreichen Problemlösungsstrategie. Diese kann im
Rahmen von Benchmarking-Projekten verglichen werden, dabei sollten die
Auswahlkriterien möglichst objektiv gewählt werden. Wichtig bei der Auswahl
sind übertragbare Konzepte. Die Beschreibung muss also allgemein genug
ausfallen, um Lösung auf andere Problemstellungen übertragen zu können und
gleichzeitig müssen genügend Informationen erhalten bleiben, um den Kontext
nicht zu verlieren. In der Best Practice-Dokumentation müssen die
Problembeschreibung, die Herangehensweise, der Lösungsansatz, der Aufwand,
sowie die Erfolgsfaktoren und Resultate festgehalten werden. Dabei geht es
vor allem um Praxisorientierung. Das Ziel ist es nicht theoretische Konzepte
zu übernehmen, sondern aus den Erfahrungen zu profitieren.
Open Space Technologie
Die Open Space Technologie (OST) ist ein Gestaltungsansatz für Konferenzen,
bei der die Entwicklung neuer Ideen und Lösungsansätze im Vordergrund steht.
Die Grundidee dieses Ansatzes basiert auf der Erfahrung des Erfinders
Harrison Owens, dass die Kaffeepause den höchsten Synergieeffekt hat. Die
Herausforderung ist „to combine the level of synergy and excitement present
in a good coffee break, with the substantive activity and result
characteristic of a good meeting”. OST soll die Teilnehmer dazu bringen
ihre wahren Gedanken beizutragen um die tatsächlichen Mängel und
Bedürfnisse zu behandeln. Dies fördert, setzt aber gleichzeitig eine offene
Organisationskultur voraus.
Bei OST gibt es vier Grundsätze:
- Wer teilnehmen will, ist willkommen.
- Was passiert, ist genau das was passieren soll.
- Wenn die Diskussion anfängt, ist der richtige Zeitpunkt.
- Wenn eine Diskussion beendet ist, ist sie zu Ende.
Durch diese Grundsätze trägt jeder selbst die Verantwortung für den Ablauf
und den Informationsaustausch.
Der Ablauf eines OST besteht aus den Phasen: Planen und Einladen, Festlegen
der Agenda, Vertiefung, Abschluss und Maßnahmenplanung, sowie
Implementierung und Follow Up-Maßnahmen. Die Planungsphase ist die einzig
vorher festgelegte Phase, dabei wird das Thema der Veranstaltung bestimmt.
Der Open Space Prozess beginnt damit, dass alle Teilnehmer die Agenda
gemeinsam erstellen. Jedes Mitglied kann Themen vorschlagen, die mit dem
Hauptthema in Zusammenhang stehen, und diese kurz vorstellen. Nach der
Themensammlung entscheidet jedes Mitglied selbst an welchen Themen es
mitarbeiten möchte. In der Vertiefungsphase diskutieren die Gruppen und
erstellen einen Aktionsplan. Beim Konferenzabschluss werden die Resultate
und abgeleiteten Maßnahmen präsentiert und diskutiert. Die Maßnahmen werden
in der Implementierungsphase nach Wichtigkeit sortiert und durch die
Gruppenmitglieder zur Umsetzung gebracht.
Learning Communities
Learning Communities sind freiwillige Lerngemeinschaften, die sich mit einem
bestimmten Thema intensiv beschäftigen, um neues Wissen zu erwerben und
weiter zu entwickeln. Dabei steht der Erfahrungsaustausch der Mitglieder an
erster Stelle. Das Ziel ist ein tiefes Verständnis zu einem Thema zu
erhalten, gemeinsam Problemlösungen zu finden und neues Wissen zu
entwickeln.
Am Anfang müssen klare Ziele in der Gruppe aus den Fragen und Aktivitäten
der Mitglieder ausgearbeitet werden. Die wichtigste Frag dabei ist: „Was ist
das inhaltliche Ziel der Learning Community? Das heißt: Welches Thema soll warum
behandelt werden?“ Jeder ist in dieser Gemeinschaft Lehrender und Lernender
zugleich, Wissen sollte gemeinsam diskutiert werden um auch mögliche Fehler
zu finden.
Methoden und Tools zum Wissensaustausch und Wissensnutzung
Der Wissensaustausch kann auf drei Arten geschehen: Wissensaustausch durch
soziale Vernetzung (implizit zu implizit), Wissensaustausch durch
Dokumentieren und Informieren (explizit zu implizit und explizit zu
explizit), sowie durch die Unerstützung der IuK-Technologien.
Ziel ↓ / Ausgang → |
Impliziet |
Expliziet |
Impliziet |
Mentorenprogramme, Learning Communities, Kooperationssoftware |
Informieren, Übungen |
Expliziet |
Lessons Learned, Dokumentieren |
Dokumentationsaustausch |
Wissenskodifizierung
Die Kodifizierung von Wissen macht es für die Mitglieder einer Organisation
portabel und zugänglich. Dabei ist zwar ein gewisses Maß an Strukturierung
nötig, dennoch sollte darauf geachtet werden, dass das Wissen nicht aus dem
Zusammenhang gerissen wird und damit zu weniger starken Informationen oder
Daten wird. Voraussetzung dafür ist, dass Manager entscheiden, welches
Wissen für die Organisationsziele von Bedeutung ist und in welcher Form
dieses dargestellt werden soll. Wissen muss auf seine Brauchbarkeit und
Kodifizierbarkeit geprüft werden, denn es ist nicht sinnvoll das
vollständige Organisationswissen zu erfassen. Bei der Kodifizierung von
Wissen ist die Art des Wissens ausschlaggebend. Implizites Wissen lässt sich
meist nicht effektiv als Textdokument speichern, daher sollte implizites
Wissen in Form von Übersichten der Wissensträger festgehalten werden. Bei
der Wissenskodifizierung muss ein geeigneter Wissensträger gewählt werden.
Dabei ist auf Benutzerfreundlichkeit, Performance, Datensicherheit und
Kosten zu achten. Um Missverständnissen vorzubeugen muss eine gemeinsame
Sprache festgelegt und Synonyme strukturiert festgehalten werden.
Wissensbilanz
Nach einer Untersuchung der Fachhochschule Köln im März 2005, wird das
Wissensmanagement eines Unternehmens als eher erfolglos eingestuft wenn
dafür keine Messmethoden eingesetzt werden.
Die Wissensbilanz ist eine Methode zur Bewertung und Darstellung des
intellektuellen Kapitals einer Organisation. Das intellektuelle Kapital
besteht aus den Kompetenzen, Motivationen und Lernfähigkeiten der Mitglieder
(Humankapital), der Infrastruktur und den Prozessen einer Organisation
(Strukturkapital), sowie den Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, etc.
(Beziehungskapital). Ziel einer Wissensbilanz ist die Darstellung
immaterieller Leistungen und deren Nutzen, die historische Entwicklung
immaterieller Vermögenswerte und die Dokumentation zukunftsträchtiger
Potenziale. Außerdem ist die Wissensbilanz die Grundlage für die Optimierung
des Wissensmanagements einer Organisation.
Eine Wissensbilanz kann für interne und externe Zwecke erstellt werden. Wird
die Wissensbilanz für externe Interessensgruppen erstellt, werden häufig
Qualität, Service und Leistungspotenziale hervorgehoben. Bei einer für
interne Zwecke erstellten Wissensbilanz liegt der Schwerpunkte bei der
effizienten Nutzung des intellektuellen Kapitals.
Das Basismodell der Wissensbilanz besteht aus Rahmenbedingungen,
intellektuellem Kapital als Input, Leistungsprozesse als Output und der
Wirkung. Aus der Strategie müssen die richtigen Indikatoren abgeleitet und
die Wissensprozesse analysiert werden. Problematisch bei der Umsetzung ist
es, wenn zu viele Ziele gleichzeitig verfolgt werden sollen und dafür alle
möglichen Indikatoren erhoben werden. Wichtig ist es, klare Prioritäten für
die Umsetzung zu definieren.
Im Wissensmanagement-Controlling müssen folgende Fragen beantwortet werden:
- Wurden die richtigen Gestaltungsmaßnahmen bestimmt (Effektivität)?
- Wurden die Gestaltungsmaßnahmen richtig durchgeführt (Effizienz)?
Für die Erstellung der Wissensbilanz eignen sich die
WM-Toolbox und der
Wissensbilanz-Leitfaden vom
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
(BMWi).
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